Wir setzen uns ein für eine Schule, in der alle von und mit allen lernen und Integration die Regel ist.

Das bedeutet für uns

  • Die Integration führt nachweislich zu höherem Lernertrag aller Schülerinnen und Schüler und leistet Wesentliches zur gesellschaftlichen Teilhabe.

  • Die Rahmenbedingungen der integrativen Schule müssen überprüft und angepasst werden.

  • Förderklassen für alle auffälligen Schülerinnen und Schüler lösen die Probleme der Regelklassen nicht und sind nicht finanzierbar.

Der Umgang mit der Vielfalt der Schülerinnen und Schüler stellt die Schule vor Herausforderungen.  Die Kinder und Jugendlichen unterscheiden sich in ihren Begabungen und Lernmöglichkeiten, in ihrer Herkunft und Sprache wie auch in ihrem Verhalten. Die integrative Schule kann sich dieser Herausforderung stellen. Sie bietet Unterricht, Raum und Lernorte, die den individuellen Möglichkeiten der Kinder und Jugendlichen gerecht werden. Gleichzeitig stärkt sie die Gemeinschaft.
Kinder und Jugendliche mit komplexen Beeinträchtigungen können in separativer Sonderschulung spezifisch gefördert werden. Damit kann eine übermässige Belastung der Regelschule verhindert werden. Im Aargau werden bereits ca. 5% der Schülerinnen und Schüler in einer Sonderschule unterrichtet (∅ Kantone 3%). 1

Längsschnittstudien zeigen, dass als lernschwach geltende Kinder, die integrativ geschult wurden, im Alter von 20 Jahren anspruchsvollere Berufe ausüben als vergleichbare Kinder, die eine Schule für Lernbehinderte besucht hatten.2 Dies zahlt sich gesellschaftlich durch mehr Ertrag und weniger Sozialkosten aus.

Orientiert sich die Gestaltung des Unterrichts gleichzeitig an den leistungsstarken und leistungsschwachen Schülerinnen und Schüler, profitieren davon alle - auch das "Mittelfeld" - durch höheren Lernertrag.3

Diese Didaktik - dieses Lehrpersonen-Handwerk - muss in der Ausbildung und Weiterbildung weiterhin und verstärkt aufgebaut werden.

Neben der direkten Lernbegleitung beraten schulische Heilpädagoginnen zunehmend die Lehrpersonen zu Fragen des Unterrichts und der Pädagogik.

Statt zusätzliche Mittel in Förderklassen zu stecken, kann damit die bereits aufgebaute Integrative Schule durch Weiterbildung, Beratung und personelle Ressourcen zu besserer Wirkung weiterentwickelt werden.

Sollen alle auffälligen Schülerinnen und Schüler - wie zurzeit gefordert - in Förderklassen unterrichtet werden, wäre mit einem Anteil von rund 20 % zu rechnen. Entsprechend müssten die Kapazitäten von Förderklassen und Sonderschulen von ca. 4'000 Plätzen auf 17'000 Plätze ausgebaut werden. Für 13'000 zusätzliche Plätze ergibt sich ein Bedarf von rund 1'000 zusätzlichen Vollzeiteinheiten mit Kosten von 150 Millionen Franken pro Jahr. 4

In diesen Kosten nicht eingerechnet ist der zusätzliche Schulraumbedarf auf Gemeindeebene.5

Die Zuweisung in zu schaffende Förderklassen wäre ein Laufbahnentscheid, welcher sowohl klarer Kriterien bedarf als auch anfechtbar ist. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit Kleinklassen ist davon auszugehen, dass pro Regelklasse ca. eine Schülerin oder ein Schüler in Förderklassen separiert werden kann. Der Rest der "Auffälligen" bleibt.6

Separative Förderklassen lösen keine Probleme und sind weder personell abdeckbar noch finanzierbar. An vielen Schulen wird bereits erkannt, dass herausforderndes Verhalten von Schülerinnen und Schülern ein gemeinsames Problem darstellt, welches nur gemeinsam gelöst werden kann: Durch Kooperation in interdisziplinären Teams, durch pädagogische und didaktische Weiterbildung und Beratung, durch gemeinsam abgestimmte Interventionen, durch interne, temporäre Entlastungen.

Integrative Schule hat einen gesellschaftsbildenden Aspekt, weil in Unterricht und Schule gelernt werden kann, wie man mit Unterschieden leben und sie synergetisch nutzen kann. Dies ist für den Erhalt einer pluralistischen, demokratischen Gesellschaft unabdingbar.

Würden Kinder und Jugendliche mit Auffälligkeiten und Beeinträchtigungen konsequent ausserhalb der Regelschule unterrichtet, würde das überdies den gesetzlichen Vorgaben des Bundes und der vom Bund unterzeichneten UN-Behindertenrechtskonvention widersprechen.

 

1 Quelle: Antwort des RR vom 6.12.23 zum Postulat der FDP-Fraktion vom 29. August 2023 betreffend Überprüfung der integrativen Heilpädagogik).

2 Haeberlin, U., Eckhart, M., Sahli Lozano, C. & Blanc, P. (2011). Schulische Separation und die berufliche Situation im frühen Erwachsenenalter. In L. Ludwig (Hrsg.), Bildung in der Demokratie II. Tendenzen – Diskurse – Praktiken (S. 55-68). Opladen: B. Budrich.

3 Hattie J. (2024) Visible Learning 2.0. Schneider. (S. 120)

4 Quelle: Antwort des RR vom 6.12.23 zum Postulat der FDP-Fraktion vom 29. August 2023 betreffend Überprüfung der integrativen Heilpädagogik

5 Alle Konsequenzen auf Gemeindeebene bezüglich Ressourcen, effektive Entlastung und Kosten für Schulraum sind beispielhaft für die Gemeinde Wohlen in der Antwort des GR auf einen Vorstoss im ER aufgeführt (https://www.wohlen.ch/_docn/5351692/Haltung_zur_Motion_15114_betreffend_die_Wiedereinführung_von_Kleinklassen.pdf)

6 ebenda